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Die Sammlung Emil Bührle, eine Kunstsammlung ohne Nachlassregelung

Emil Bührle mit Werken aus seiner Sammlung (Foto: Dmitri Kessel)

Der Zürcher Industrielle Emil Bührle (1890-1956) starb, ohne die Zukunft der Sammlung geregelt zu haben, die er in den letzten 20 Jahren seines Lebens aufgebaut hatte und die schon zur Zeit ihrer Entstehung als eine der wichtigen Kunstsammlungen der Moderne galt.

Gattin, Sohn und Tochter als Nachkommen des Sammlers ergriffen 1960 die Initiative, eine Stiftung zu gründen und ihr rund ein Drittel der hinterlassenen 600 Kunstwerke zum unveräusserlichen Eigentum zu übertragen. Die Stiftungsgründung ersetzte sozusagen die vom Sammler selbst nicht getroffene juristische Regelung, umso mehr als die Beratung durch einen Händler und Vertrauten der Familie sicherstellte, dass zentrale Aussagen der Sammlung trotz der Teilung erhalten blieben.

Die nachträgliche juristische Regelung konnte aber nicht gutmachen, dass dem Sammler Emil Bührle eine andere, ebenso wichtige Form der Nachlassregelung nicht gelungen war: Er starb, ohne seiner Sammlung ein Haus geschaffen zu haben. Die Werke der Stiftung wurden darum etwas behelfsmässig in einem ehemaligen Wohnhaus am Stadtrand gezeigt.

Davon unterschieden sich die zwei anderen Sammler, die im 20. Jahrhundert in der Schweiz Kunstsammlungen von internationaler Bedeutung hinterliessen: Oskar Reinhart und Ernst Beyeler. Sie gaben beide ihren Sammlungen Häuser, die sich allerdings auf deren Weiterleben sehr unterschiedlich auswirkten.

Die von Reinhart in der Villa «Am Römerholz» in Winterthur installierte und beim Tod der Eidgenossenschaft übergebene Sammlung ist durch die Schenkung untrennbar mit dem abgelegenen ehemaligen Wohnhaus verbunden und durch Ausleihverbot zusätzlich isoliert.

Der von Beyeler in Riehen bei Basel errichtete Museumsbau wurde dagegen Grundlage für den Welterfolg der Fondation Beyeler seit der Eröffnung. Doch tritt die Sammlung selbst in den Hintergrund und erfüllt ihre wichtigste Funktion im Tausch für Leihgaben.

Die Sammlung Emil Bührle hat einen anderen Weg gewählt und sich für eine Zusammenarbeit mit der öffentlichen Kunstsammlung ihrer Stadt entschieden. Sie erhofft sich davon einerseits den Ausweg aus der Isolation, in die die «Sammlung ohne Haus» am Stadtrand von Zürich geraten ist, andererseits aber auch Vorteile für das Kunsthaus Zürich, das mit der Sammlung Emil Bührle an internationaler Ausstrahlung gewinnt.

Text: Lukas Gloor

 

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29. October 2019